Wirtschaftsspiegel Thüringen - Ausgabe 5/15 - page 47

Wohnbauförderung
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Foto: TAB
„Wir wirken positiv auf
den Markt ein“
Herr Schneider, Sie sind als Vorstand
der Förderbank des Freistaates Thü-
ringen unter anderem verantwortlich
für die Förderung des Wohnungsbaus
in Thüringen. Jetzt könnten wir ganz
provokant einsteigen und zuerst nach
dem Sinn fragen: Brauchen wir in
Thüringen noch Wohnungsbauförde-
rung?
Wohnen ist und bleibt ein Grundbedürf-
nis der Menschen. Und sozialer Woh-
nungsbau bleibt strategisch wichtig. Wir
können den Wohnungsmarkt nicht dem
freien Spiel des Kapitalmarktes überlas-
sen. Zudem müssen neue Herausforde-
rungen gemeistert werden. Die demo-
grafische Entwicklung in Thüringen
bringt mehr Nachfrage nach alters- oder
generationengerechten Wohnraum mit
sich. Und natürlich ist Energieeffizienz
schon ein großes Thema und wird be-
stimmt noch weiter zunehmen. Um hier
regelnd aktiv am Wohnungsmarkt ein-
greifen zu können, bedient sich die Lan-
desregierung der Förderinstrumente zur
Wohnraumförderung.
Die Wende ist jetzt bereits 25 Jahre
her. In den neuen Ländern und spe-
ziell in Thüringen hat sich sehr viel
getan und wird sich noch tun. Was
kommt in naher Zukunft auf die Thü-
ringer Wohnungswirtschaft zu?
Mit der Wende vor 25 Jahren haben Sie
bereits das wichtigste Stichwort gelie-
fert. Fast alle Modernisierungen der
Neunzigerjahre entsprechen schon
nicht mehr den heutigen technischen
Anforderungen. Ich denke da an Hei-
zung, Wärmedämmung, Fenster, Belüf-
tungs- und Haustechnik. Wir erleben
gerade ein leichtes Absinken der Ener-
giekosten, langfristig wird die Kosten-
kurve aber wieder aufwärts zeigen.
Sowohl auf die privaten Hausbesitzer
als auch insbesondere auf die Woh-
nungswirtschaft läuft die sogenannte
zweite Sanierungswelle zu und führt zu
nicht unerheblichen Investitionen. Zudem müssen die
Kosten dafür natürlich immer in einem gesunden
Verhältnis zu den erzielbaren Mieten stehen.
Sie haben das aktuelle Zinsniveau bislang noch
nicht erwähnt. Wie schätzen Sie die Lage am Fi-
nanzmarkt derzeit ein? Welche Auswirkungen hat
das auf den Thüringer Wohnungsmarkt?
Die Zinsen für Bau oder Kauf von Immobilien sind
günstig wie nie. Mittel- und langfristig gehen die
Finanzexperten durchaus aber wieder von steigenden
Zinsen aus. Gleichzeitig verteuert die gesteigerte
Nachfrage nach Neubauten und Modernisierungen die
Bauleistungen. Die Bauunternehmen sind hochgradig
ausgelastet, Baumaterialien werden knapp oder teu-
rer. Und natürlich steigen die Immobilienpreise vor al-
lem in Ballungszentren mit der wachsenden Nach-
frage. Trotzdem ist es jetzt strategisch wichtig, die
Finanzierungsentscheidungen für die nächsten Jahre
zu treffen.
Für uns als Förderbank schränkt das herrschende
Niedrigzinsumfeld die Fördermöglichkeiten durch ei-
ne Zinsverbilligung stark ein. Niedrige Finanzierungs-
kosten setzen aber die Finanzierungs-
regeln nicht außer Kraft. Junge Familien
mit kleinen Kindern möchten wir trotz-
dem in die Lage versetzen, sich Wohn-
eigentum zu schaffen und damit dauer-
haft in Thüringen zu bleiben.
Wie unterstützt die Aufbaubank die
Unternehmen der Wohnungswirt-
schaft und die Häuslebauer im Frei-
staat? Welche Aufgabe sehen Sie da-
bei für den Freistaat Thüringen?
Im engen Zusammenspiel von politisch
Verantwortlichen, Verbänden wie zum
Beispiel dem vtw Verband Thüringer
Wohnungs- und Immobilienwirtschaft
e.V. und den Unternehmen und Ge-
nossenschaften der Wohnungswirt-
schaft arbeiten wir daran, positiv auf
den Markt einzuwirken. Bezahlbare und
stabile Mieten helfen den Thüringe-
rinnen und Thüringern und sind so eine
aktive Zukunftspolitik für den Freistaat.
Dasselbe gilt für die Förderung von
Wohneigentum. Im Sinne einer positi-
ven Entwicklung Thüringens muss hier
ein optimaler Mix aus den Erforder-
nissen des Marktes für die Wohnungs-
wirtschaft, den politischen Wünschen
der Landesregierung und natürlich den
hier lebenden Menschen gefunden wer-
den. Wir unterstützen die Landespolitik
mit unseren Kenntnissen aus dem Markt
bei der Evaluierung und Neuausrich-
tung der Förderprogramme. Im Sommer
dieses Jahres wurde vor allem dafür das
„Thüringer Netzwerk der Immobilien-
wirtschaft“ (TNI) gegründet. Wir, die
Thüringer Aufbaubank, als eine der Mit-
begründer tauschen uns erstmals auf
Länderebene mit den strukturprägen-
den Verbänden und weiteren Akteuren
der Thüringer Immobilienwirtschaft ge-
meinsam aus und haben es uns zur Auf-
gabe gemacht, den Dialog zwischen
Immobilienwirtschaft und Politik, Ver-
waltung sowie Öffentlichkeit zu unter-
stützen.
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Michael Schneider,
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Vorstand der Thüringer Aufbaubank,
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beantwortet Fragen zur Wohnbauförderung
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